Aus der Südwest Presse vom 22.02.2019: Auf ein Nachrücken der jüngeren Generation ist vorerst nicht zu hoffen. Denn obwohl die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge im Handwerk seit einigen Jahren steigt, bleiben laut ZDH jährlich bis zu 20.000 Lehrstellen unbesetzt. Die häufig veraltete Vorstellung von körperlich anstrengenden sowie schmutzigen Tätigkeiten mit Schraubenziehern und Blaumann wird als Grund für den Nachwuchsmangel aufgeführt. So entscheiden sich rund 60 Prozent aller Schulabgänger für eine akademische Laufbahn. Auch, weil sie sich dort höhere Verdienstaussichten versprechen.
Drücke uns allen die Daumen, dass, wenn benötigt, ein Handwerker umgehend ins Haus kommt.
@greenie und @Lud Für viele Leute mit kleinerem Einkommen sind Handwerker wegen der hohen Stundenlöhne plus Wegzeitverrechnung einfach zu teuer geworden. Kosten von € 100 bis € 200 sind da - ohne Material - schnell weg. Dies ist auch ein Grund, warum in den letzten Jahrzehnten die Baumärkte so stark zugenommen haben und z.T. wertvolle Tipps zu kleineren Reparaturen geben. Der DIY (Do it Yourself)-Boom - also mache es selbst - ist da gerechtfertigt. Alternativ werden oft Fachkräfte auch in deren Freizeit als sog. "Pfuscher" beschäftigt, um etwas günstiger davon zu kommen.
Ein anderes Problem sind die hohen Reparaturkosten von im Haushalt verwendeten Geräten, wo oft der Ersatzkauf wesentlich günstiger ist. Außerdem muss man für einen Kostenvorschlag immer zahlen, auch wenn es dann nicht zur Reparatur kommt. Unberücksichtigt bleiben da die vielen Müllberge dieser defekten Geräte, welche oft letzlich in Afrika oder Asien landen, damit unser Heimatland kein Abfallproblem hat. Die sog. Obsoleszenz (also erzeugungsmäßig absichtlich reduzierte Lebensdauer durch Verwendung von ein oder mehreren schnell kaputtgehenden Teilen) trägt auch zu diesem Wahnsinn bei.
P.S.: In manchen Städten haben sich kleine Gruppen von pensionierten oder arbeitslosen Fachleuten gebildet, welche trotzdem manchen Geräten (preisgünstiger) wieder Leben einhauchen. In Wien gibt es dazu sogar einen gedruckten Leitfaden mit den jeweiligen Adressen der einzelnen Fachgebiete - sicher auch in anderen Städten.
Nochmals zum Handwerkermangel, welcher leider auch durch die vielen "Wirtschafts- und Kriegsmigranten" nicht behoben werden kann:
Leider wurde von manchen politischen Parteien in letzter Zeit das Handwerk mit den Azubis (Lehrlingen) abgewertet und gleichzeitig die Hürden bei den Abiturienten (Maturanten) heruntergesetzt. Somit ist der Drang vieler schlecht geschulter Jugendlichen zu Unis und Fachhochschulen beachtlich geworden.
Viele Studierende versuchten es ursprünglich mit Medizin, Rechtswissenschaften oder anderen benötigten Studienrichtungen. Manche geben aber wegen der gestellten Anforderungen vorzeitig auf bzw. bekommen gar keine der begehrten Studienplätze. Techniker und verwandte Richtungen werden überall gebraucht, aber die Studienanforderungen verlangen hohes Niveau, welches – wie schon beschrieben – nicht vorhanden ist.
Als Alternativen bieten sich dann die an vielen Unis angebotenen sog. Orchideenfächer, wo man etwas leichter nach einigen Jahren einen positiven Abschluss erreicht, aber dieses Wissen kaum wirtschaftlich (außer als wissenschaftliche Mitarbeiter, Assistenten oder Professoren) an den Hochschulen tätig zu sein. Hier ein paar Beispiele solcher Studien:
Onomastik, Afrikanistik, Christliche Archäologie, Keltologie, Sorabistik, Onomastik, Sprecherziehung, Sprechwissenschaft, Tibetologie, Kristallographie, Diakoniewissenschaften, Semitistik, Neogräzistik, Byzantinistik, Orientalistik. Die Sinologie und Meteorologie wurde früher auch dazugerechnet. Tatsächlich werden jedes Jahr einige Posten für Meteorologen frei, aber das Angebot ist viel zu groß, sodass diese Absolventen dann versuchen, in ganz anderen Branchen unterzukommen.
@Renate : richtig erkannt - aber es haben sich auch die Zeiten völlig u. komlett geändert ! Wir sehen oder sahen es doch selbst an unserem jüngsten Sohn - ... normaler Weise sollt er ins Handwerk rein - ( Metallbauer ) werden , das war Ihm zu dreckig u. anstrengend u. so holte er seine mittlere Reife nach - lernte Einzelhandelskaufmann fand eine Superstelle als Lehrling bei einem uns bekanntem Discounder - ist alls gut gegangen , nun arbeitet er schon im 2. Gesellenjahr dort - u. wird vorbereitet zum Marktleiter für irgendeine freie und lukrative Liegenschaft irgendwo hier im Raum : Cham - Furt im Wald - Rötz - Roding od. in Weiding u.u.u. !! der BENGEL hat es richtig gemacht u. verdient gutes sicheres Geld dort !! Denn Hunger u. Durst werden die Menschen immerzu haben !! MfG : Frechdachs schlingl i.
Bei diesem Thema beißt die Katze in den eigenen Schwanz. Von Überschätzung seitens der Eltern sowie eigener Leistungsfähigkeit und Leistungswillen mal abgesehen, haben veränderte Anforderungen und Bedingungen bei Ausbildungsberufen schon vor etlichen Jahren oft falsche Weichen gestellt. So wurde beispielsweise sehr oft Abitur vorausgesetzt, um heiß begehrte Lehrstellen zu ergattern und für manches Mädchen wurde Ausbildung auch im Handwerk nicht möglich, nur weil in Betrieben keine passenden Sanitäreinrichtungen vorhanden waren und aus Kostengründen nicht eingerichtet werden konnten. Vom Kosten-/Nutzenprinzip her gesehen, wurde auch oft nicht mehr ausgebildet. Unterschiedliche Begabungen/Veranlagungen wurden und werden m. E. zu oft außer Acht gelassen. Nicht jede(r) Mensch kann gleichermaßen gut mit unterschiedlichen Werkzeugen und Schreibutensilien umgehen!
Momentan und für die nahe Zukunft wird wohl kaum Abhilfe geschaffen werden können. Irgendwann werden sich die Probleme wahrscheinlich selbst lösen, weil in vielen Branchen durch Wegfall von Arbeitsplätzen auch immer weniger Personal benötigt wird.
@Lud Ich staune, dass dieser Kurzfim in der ZDF-Heute-Show mit dem Bild und Kommentar über Merkels Ausbildung gezeigt wurde. Angela Merkel hat wegen Ihrer politischen Entscheidungen viele Gegner, trotzdem wundert es mich, dass sie für eine Werbung zur Handwerksausbildung verwendet wurde. Trotzdem gilt auch für mich: Handwerk hat goldenen Boden.
Manches wundert mich aber in den Ausbildungsplänen. So wird z.B. Schreiner/Tischler-Auszubildenden beigebracht, wie sie selbst eine Tür oder Schwalbenschwanzzinkungen machen müssen, aber in der Praxis werden diese Kenntnisse nie mehr gebraucht, denn viele Erzeugnisse werden heutzutage maschinell und vollautomatisch hergestellt. Natürlich findet sich in den Lehrplänen auch der Umgang mit neuen Technologien. So ist z.B. aus dem klassischen Automechaniker nun der Kfz-Mechatroniker geworden, welchen den Umgang auch mit dem computerisierten Prüfgerät voll beherrschen muss. Denn in den modernen Autos sind viele mechanische Teile durch elektronischen Steuerungen abgelöst worden. Sollte dort ein Fehler erkannt werden, dann wird die die Printplatte ausgetauscht, da gibt es kein Löten usw. Also beschränkt sich die Fehlersuche auf "know where and how" (= gewußt wo und wie kann das Problem gelöst werden).