Unsere Tochter Maria (14) hatte in Geschichte eine 5 geschrieben und in Englisch musste sie nachsitzen, da die Hausaufgabe fehlte. Der Grund dafür war einfach, sie hat einfach nichts gelernt und verbrachte die Zeit lieber bei Ihren Pferden und den Freunden in Facebook anstatt sich um die Schule zu kümmern. Da auch ich nur ein Mensch bin und für unsere Kinder nur das Beste will, wie viele andere Eltern habe ich darauf natürlich reagiert. Nachdem die Diskussionen (gut zureden) nichts brachten, wurde schließlich der Internetzugang gesperrt und sie durfte auch nicht mit uns und den Freunden ausgehen, sondern musste alleine zu Hause bleiben.
Mir fiel jedoch auf, dass unserer Tochter dies völlig egal war, dann hat sie halt ein Buch genommen, gelesen und war genau so fröhlich wie vorher. Da Sanktionen offenbar nichts bringen, versuchte ich es anders und plötzlich begriff ich folgendes:
Nicht Maria muss für das Leben noch etwas lernen, sondern ich kann von Ihr noch sehr viel dazulernen, was das LEBEN betrifft.
Den nächsten Tag gingen wir beide gemeinsam essen in eine Pizzeria und ich habe sie nicht wie der Vater seine Tochter, sondern Sie wie eine sehr wertvolle gute Freundin behandelt.
Auf meine Frage warum sie nichts lernt und kein Interesse an der Schule hat wo doch dieses Zeugnis entscheidend für Ihre Zukunft und ihren Traum als Pferdefachwirtin ist bekam ich folgende Antwort.
"Ich lebe im Hier und Jetzt, die Schule macht mir momentan keine Freude, ich bin viel lieber bei den Pferden und außerdem in der Fachschule für Pferdefachwirte werde ich sowieso aufgenommen. Ich kann Reiten, ich liebe Pferde mag alles darüber lernen, habe schon eine Visionstafel für das Gespräch mit der Direktorin gemacht und mich auf das Gespräch mit ihr vorbereitet. Darum bin ich jetzt viel lieber bei meinen beiden Islandpferden und habe Freude im Leben, warum soll ich mir für die Zukunft Gedanken machen, wenn ich sowieso nicht weiß, was diese bringen wird. Wenn ich nicht genommen werde, suche ich mir halt einen Partner der einen Reiterhof besitzt oder ich bekomme den Reiterhof auf anderem Wege. Meinen Traum erfülle ich mir auf jeden Fall und außerdem werde ich sowieso selbstständig.
Meine zweite Frage wie sie sich selber sieht, hat Maria so erklärt:
Ich liebe das Leben, mag mich selber, bin zufrieden mit mir, freue mich jeden Tag, habe das Gefühl ein guter, sozialer, kontaktfreudiger Mensch zu sein und dazu bin ich noch sehr tierlieb. Daraufhin folgten mindestens 10 positive Eigenschaften, die sie mir auf Anhieb sagen konnte. Dafür fiel ihr keine einzige Schwäche oder negative Eigenschaft ein, oder sie war sich zumindest keiner bewusst. Die Antwort von ihr: Mit so etwas beschäftigte ich mich nicht, außerdem interessiert mich die Vergangenheit auch nicht, denn die kann man sowieso nicht mehr ändern. Warum soll ich über etwas nachdenken, dass mir keine Freude macht. Da geniesse ich doch viel lieber all die schönen Augenblicke und die gute Pizza.
Meine dritte und letzte Frage war: Maria gibt es Momente wo du nicht glücklich oder zufrieden mit Dir bist?
Jetzt die verblüffende Antwort: Nein warum, mir geht es immer gut, habe viel Spass hier im Leben, weiß was ich will und wie ich es auch bekomme. Sollte mich einmal irgend etwas nerven oder du lästig sein, dann gehe ich einfach zu meinen Pferden und schon geht es mir wieder super. Solange ich meine Pferde habe, bin ich wunschlos glücklich, falls aber eines stirbt, wie unser Pony Lilly bin ich zwar traurig, doch dann gibt es sicher wieder etwas anderes, vielleicht sogar noch etwas viel Schöneres. Jetzt erkläre du mir, wieso ich nun lernen soll, wenn sich doch mein Traum schon lange erfüllt hat. Da ist es doch viel sinnvoller die Zeit mit dem zu verbringen, was ich von Herzen liebe und tun will. Noch dazu wo ich mir sicher bin in die Fachschule aufgenommen zu werden, da ich ganz fest daran glaube.
Liebe Freunde, nach diesem Gespräch sehe ich meine Rolle als Vater ganz anders und bin froh, dass es mir nicht gelungen ist Maria nach unserem besten Wissen und Gewissen zu erziehen.
Sie ist voll und ganz mit sich zufrieden und hat sich ihren eigenen Willen behalten. Sie lebt ihr eigenes Leben, nicht das der Eltern, Lehrern, Freunden oder anderen Dingen (Fernseher usw.) die auf die Erziehung der Kinder großen Einfluss haben. Maria lebt in ihrer eigenen Welt und will mit dem Erfolgsdruck da draussen nichts zu tun haben. Sie ist zufrieden und glücklich mit sich selber, deshalb braucht sie auch nichts zu tun, um von Anderen Anerkennung und Beachtung zu bekommen. Dazu hat sie ein unglaublich großes Herz und große Hilfsbereitschaft. Auch ihre Tierliebe ist bewunderswert. Sie sagt auch sehr oft und ganz offen (vielleicht manchmal zu direkt) ihre Meinung und steht dazu. Wenn jemand Kritik an ihr übt oder sie beschimpft, dann hat sie eine Gleichgültigkeit, die den Angreifer zur Verzweiflung bringen kann.
Maria ist aber auch bereit sehr viel Verantwortung zu übernehmen. So kümmert sie sich alleine um die Pferde und alles was damit zu tun hat. Auch auf die Mithilfe beim Kühe melken im Melkstand können wir uns voll und ganz verlassen. Sie sieht sofort, wenn es einem Tier nicht so gut geht und sagt uns dann Bescheid. Ebenso ist sie im Haushalt eine große Hilfe und hat schon ab und zu für uns gekocht. Dazu kommt noch, dass sie in der Schule zwar nichts lernt und dennoch meistens gute Noten hat. Falls sich ein Sinn in der Tätigkeit erkennen lässt und es Freude macht, ist sie sehr gewissenhaft und erledigt alles zur vollsten Zufriedenheit.
Zum Abschluss möchte ich mich bei unserer Tochter Maria noch herzlich für die Lehrstunde "Wie lebe und liebe ich mein Leben" bedanken. Ich kann aus diesen Antworten noch so viel lernen, denn es ist doch eine Tatsache, dass wir Erwachsenen uns immer wieder wünschen im Hier und Jetzt zu leben, ohne sich Gedanken über Schuld oder Fehler der Vergangenheit zu machen oder sich um die Zukunft zu sorgen. Wir wollen doch alle nichts lieber als glücklich zu sein, den Friede im Herzen finden und mit Freude dieses wunderbare Leben geniessen.
Liebe Freunde wir haben jetzt nur dieses eine Leben, mit jeder Sekunde die vergeht, verkürzt sich unser Dasein. Warum Leben wir dann nicht voller Freude ohne sich zu ärgern, sich Sorgen zu machen oder Zukunftsängste zu haben. Sehen wir doch all die schönen Dinge im Alltag und sind dankbar für jeden Augenblick der uns geschenkt wird.
Lieber Helmut, mit vielem, was Maria dir geantwortet hat, spricht sie mir voll und ganz aus der Seele. Auch ich beschäftige mich nicht mehr mit der Vergangenheit...ich kann sie nicht mehr ändern. Die Zukunft...Träume und Pläne hab ich, ganz klar, aber ich zerbreche mir nicht den Kopf darüber denn es kommt sowieso meist anders. Um so mehr freue ich mich, wenn etwas davon eintrifft, bzw. ich es erreicht habe. Heute...Hier...Jetzt...genieße den Augenblick, denn er kommt nie wieder!!!