„The Vegetarian Butcher“-Gründer Jaap Korteweg hat ein neues Projekt: Seine neue Firma „Those Vegan Cowboys“ will Käse herstellen, der aus Stahlkühen gewonnen wird. Mehr zu seinen Plänen hat er dem Spiegel in einem Interview verraten.
Sie steht vor einem Saloon. Ihr Stahlkörper reflektiert das Sonnenlicht, an einigen Stellen schauen Drähte und Schrauben hervor. An der Wand über ihren Metallhörnern prangt die Aufschrift „Those Vegan Cowboys“. Was nach Steampunk-Western klingt, könnte die Zukunft sein – zumindest wenn es nach dem Niederländer Jaap Korteweg geht. Das beschriebene Bild stammt vom Instagramaccount seines neuen Unternehmens.
Nachdem er seine vegetarische Fleischersatzmarke, „The Vegetarian Butcher“ 2019 an Unilever verkaufte, wandte er sich 2020 Käsealternativen zu. Seine neue Firma „Those Vegan Cowboys“ will Käse ohne Kühe herstellen – oder zumindest ohne lebendige Kühe. Stattdessen sollen die Milchproteine in Bioreaktoren in „Stahlkühen“ entstehen und mit einer aus Gras gewonnenen Nährlösung betrieben werden. „Der Landwirt muss immer noch die Wiesen und Felder bewirtschaften. Aber er füttert die Stahlkuh und verkauft die Proteine“, erklärt Korteweg seine Vision in einem Interview mit dem Spiegel.
Those Vegan Cowboys: „Gras füttern – und Milch kommt raus“
„Der Ausgangspunkt war, dass ich mir überlegt habe, wie das bei den Tieren funktioniert und wie wir es übertragen könnten“, erklärt Jaap Korteweg gegenüber dem Spiegel. „Also welche Maschine können wir mit Getreide, Weizen und Bohnen füttern, damit Fleisch rauskommt? Und diese Idee hatte ich auch bei Kühen mit der Milch. Gras füttern – und Milch kommt raus.“
Diese Maschine will der Unternehmer nun bauen. Dazu haben er und sein Partner Niko Koffemann sich über 20 Wissenschaftler:innen in ihr Team geholt. Eine fertige, funktionierende Stahlkuh gibt es derzeit noch nicht – nur der Name steht schon fest: Margaret, nach der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher, der „Iron Lady“. Ein Foto aus Instagram zeigt, wie Margaret aktuell aussieht: eine Station mit Glasbehältern und Schläuchen.
Käse durch Gentechnik: Ist das nachhaltig?
Funktionieren soll die Stahlkuh von „Those Vegan Cowboys“ mit Hilfe von Gentechnik: Indem bestimmte Teile von Rinder-DNA in das Erbgut von Mikroorganismen eingebaut werden, sollen diese Hefen oder Pilze dazu gebracht werden, das Milchprotein Kasein zu produzieren. Dies soll in einer Nährlösung im Inneren eines Bioreaktors geschehen. Dann wird die Lösung mit den Kaseinen entnommen, erklärt der Spiegel. Die genetisch veränderten Produktionszellen sollen zurückbleiben.
Die Nährlösung soll auf Gras basieren, mit welchem man die “Kuh“ dann „füttert“. Das ist das Besondere an seinem Projekt, findet Korteweg. Laut Spiegel funktioniert das Verfahren im Prinzip, aber das Team versucht noch, den perfekten Mikroorganismus zu finden und die Proteine in großen Mengen herzustellen. Schätzungen der beteiligten Wissenschaftler:innen zufolge soll es etwa sieben Jahre dauern, das Vorhaben umzusetzen. Auf die Frage, ob es für ihn kein Widerspruch sei, Nachhaltigkeit mittels Gentechnik im Labor erreichen zu wollen, antwortet Korteweg: „Ich finde, Nachhaltigkeit und Hightech ist eine gute Kombination.“
„Those Vegan Butchers“ wollen also keine vegane Käsealternative im klassischen Sinne herstellen, die aus pflanzlichen Fetten besteht. Da für ihr Produkt Rinder-DNA eingesetzt wird, ist dieser Käse streng gesehen nicht vegan, wenngleich weniger Tiere dafür benötigt werden.
Utopia meint: Vegan ist die Zukunft, denn Fleisch und tierische Produkte produzieren nicht nur Tierleid, sondern auch hohe CO2-Emissionen. Doch auch eine vegane Ernährung kann sehr divers sein: Brauchen wir dazu unbedingt Burgerpatties aus Erbsenproteinen, die so lange verarbeitet werden, bis sie nach Rindfleisch schmecken? Oder Käse aus Milchprotein, der im Bioreaktor von genetisch veränderten Organismen hergestellt wird? Natürlich wird das dem:der ein oder anderen den Umstieg erleichtern, und dass wir als Gesellschaft diesen Umstieg schaffen, ist essenziell. Doch wer sich wirklich nachhaltig vegan ernähren will, setzt lieber auf unverarbeitete, frische Lebensmittel, am besten regional und saisonal.