Wenn ein domestiziertes Tier in die Wildnis entkommt, dann sind seine Chancen, dort zu überleben, verschwindend gering. Tiere, die in Gefangenschaft geboren wurden, haben nicht gelernt, draußen zurechtzukommen, und Hilfe haben sie von anderen Tieren in aller Regel auch nicht zu erwarten.
Doch jetzt hat eine wagemutige junge Kuh in Polen es allen gezeigt. Die rotbraune Rinderdame ist nicht nur erfolgreich ihrem Schicksal als Schlachtvieh entkommen, sie hat auch eine ganz neue Familie gefunden.
Als der Wildtierfotograf Rafał Kowalczyk in der Winterkälte unterwegs war, um nahe dem ostpolnischen Białowieża-Wald Bilder einer wilden Bisonherde zu machen, staunte er nicht schlecht über das, was ihm da plötzlich vor die Linse lief.
Mitten unter den mächtigen Bisons lief seelenruhig eine junge Kuh herum. Sie schien gut genährt und wurde von den Tieren um sie herum offenbar ganz selbstverständlich als Teil der Herde akzeptiert.
Allerdings ist das Leben mit den Bisons sowohl für die Kuh als auch für die Bisons gefährlich. Wenn sie von einem Bisonbullen schwanger wird, kann es sein, dass sie die Geburt des Kälbchens nicht überlebt. Umgekehrt sind die Bisons vom Aussterben bedroht. Ein domestiziertes Rind in ihrem Genpool könnte für das Fortbestehen ihrer kleinen Gruppe schädlich sein.
Tierschützer werden daher versuchen, die Kuh bis zum Sommer von der Bisonherde zu trennen. Doch bis dahin kann man nur staunen, wie gut sie sich an ihr neues Leben angepasst hat.