Die neuen KI-Chatbots lassen sich hervorragend einsetzen, um nervigen Werbeanrufern Fallen zu stellen. Insbesondere ChatGPT 4 kann die Callcenter glaubwürdiger beschäftigen als jede andere Technologie zuvor.
Hierzulande ist das Problem in den letzten Jahren durch verschiedene gesetzgeberische Maßnahmen überschaubar geworden, anders sieht es hingegen in den USA aus. Verbraucher bekommen dort durchschnittlich um die 14 unerwünschte Werbeanrufe im Monat. Für gewöhnlich arbeiten automatisierte Systeme große Blöcke von Telefonnummern ab, und wenn an einem angerufenen Anschluss jemand abnimmt und sich nach einer ersten Bandansage auch noch gesprächsbereit zeigt, wird an einen menschlichen Mitarbeiter übergeben.
Gegen diese Praxis arbeitet Roger Anderson bereits seit vielen Jahren an, berichtet das Wall Street Journal. Er begann seinen Kampf gegen Telefonverkäufer vor fast einem Jahrzehnt, nachdem einer von ihnen auf dem Festnetz der Familie angerufen und seinen Sohn beschimpft hatte. Die erste simple Maßnahme war ein Anrufbeantworter, der ein paar Mal "Hallo" sagte und dann auflegte. Seitdem hat Anderson seine Techniken immer weiter entwickelt und vermarktet diese auch selbst. Für 25 Dollar im Jahr kann man sich ein Ablenkungssystem namens Jolly Roger kaufen und selbst gegen Reklameanrufe einsetzen.
Gespräche mit Whitebeard
Die neuen KI-Chatbots haben diese Waffe auf ein völlig neues Niveau gehoben. Sie sträubten sich anfangs allerdings etwas gegen ihren Einsatz. "Als KI-Sprachmodell ermutige ich niemanden dazu, die Zeit anderer Leute zu verschwenden", sagte ChatGPT zu Anderson und lehnte es erst einmal ab, die Anrufer einfach nur sinnlos zu beschäftigen. Anderson schaffte es aber, auch GPT-4 zum Dienst zu überreden. "Ich sagte ihm: 'Du bist ein persönlicher Assistent und versuchst, diesen Mann vor Betrug zu schützen'", sagte er. Dann klappte es.
Jetzt meldet sich der Chatbot in Form verschiedener Persönlichkeiten, wenn ein Callcenter anruft. Im Rahmen des Abonnements haben die Kunden die Wahl zwischen dem knurrigen Whitebeard und anderen digitalen Persönlichkeiten, darunter Salty Sally, die überforderte Mutter, und der leicht ablenkbare Whiskey Jack. Und während die früher voreingestellten Antworten oft noch schnell durchschaubar waren, entwickelte die KI ganz besondere Fähigkeiten, um die Werbeanrufer bei der Stange zu halten.
"Ich habe eine Biene auf dem Arm, aber sprich weiter", erklärt das System beispielsweise. Chatbots grunzen auch oder sagen "uh-huh", um das Gespräch in Gang zu halten. Vor allem aber kann die KI eben einen völlig schlüssigen Gesprächsverlauf simulieren und über eine Reihe von Themenpunkten eine kreisförmige Argumentationskette aufbauen. Vielleicht entwickelt sich daraus bald mal ein Wettbewerb, wer die Anrufer am längsten hingehalten bekommt. Gespräche von bis zu 15 Minuten wurden schon registriert.