Ich kenne nur wenige Leute, welche gerne Steuern zahlen, um das gesellschaftliche Umfeld zu erhalten. Ein bekannter Schweizer zahlt sogar schon Anfang des Jahres ein a-conto, was später abgerechnet wird.
Derzeit wird heftig über die Steuerflucht von Google, Amazon & Co. diskutiert, welche in den europäischen Ländern gewaltige Umsätze machen, aber kaum Steuern abliefern, sondern die Milliardengewinne in exotischen Steuerparadiesen horten. Mit diesen durch Gesetzeslücken legalen Transaktionen entgehen unter Hilfeleistung von Steuerberatern und Rechtsanwälten den hiesigen Finanzbehörden Milliardenbeträge. Bisher ist es noch nicht gelungen, diese „Hintertürchen“ zu schließen.
Ähnliches gilt für sog. Cum-cum bzw. Cum-Ex-Transaktionen, wo oft selbständige Investmentbanker (früher nur Banken) Milliarden an Gelder (noch legal) von den Finanzämtern erfolgreich erhalten. Der Trick besteht darin, dass Aktienpakete inländischer Besitzer zum Dividendenstichtag die Möglichkeit haben, nach Bezahlung der KEST diese mit Verlusten von anderen Wertpapiergeschäften gegenverrechnen, somit bekommt er etwas spätere die KEST wieder zurück. Großteils handelt es sich um ausländische Aktien, welche nur für einige Tage auf einen deutschen Besitzer (meist Banken) übertragen werden und diese dann eine Provision kassieren. Oft werden diese Papiere innerhalb eines Tages mehrmals im Ausland verkauft, um die wahren Besitzer zu verschleiern. Bei cum-ex-Geschäften geht es um sog. Leerverkäufe, d.h. die Wertpapiere existieren in Wirklichkeit gar nicht, sondern werden vorerst nur proforma verkauft. Dividendenerlöse gab es da in Wirklichkeit gar nicht. Dieses Spiel wird oft sogar mehrfach gemacht, um möglichst oft von der Steuerrückerstattung Gebrauch zu machen.
Nicht nur in Deutschland, auch andere europäische Länder sind davon mehr oder weniger betroffen. Offiziell spricht die Behörde von „illegitimen“ Geschäften, welche aber nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Trotzdem versucht man seit Jahren, diese Schlupflöcher zu schließen.
Insgesamt rechnet man in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit Beträgen von 50 bis 100 Milliarden €, welche so lukriert wurden (D: 31,8 Mrd., F: 17, I: 4,5, DK: 1,7, B: 0,2, A: 0,02 Mrd.). Nun gibt es überall Verfahren, um zumindest einen Teil wieder zurück zu bekommen.
Ein Detail: Ein Einmann-Pensionsfond aus den USA verlangte von der deutschen Finanz im Jahre 2011 einen dreistelligen Millionenbetrag zur Rückerstattung. Die umsichtige deutsche Beamtin schob dem aber einen Riegel vor und begann mit umfangreichen Ermittlungen. Der Antragsteller zog sein Verlangen aber schnell zurück und war anschließend in Dänemark erfolgreich.