Wir schreiben das Jahr 1951 und ich war fast fünf Jahre alt. Ich kann mich genau noch daran erinnern. Wir lebten in einem kleinen Dorf am Randharz. Es war ein Bergarbeiter Dorf. Mein Vater war Eisenbahner und meine Mutter Verkäuferin bei Kneter Stängel. Im Juli irgendwann hatten meine Großeltern silberne Hochzeit. Doch es war nicht so einfach, dort hinzukommen. Denn Oma und Opa wohnten im Westteil Deutschlands und wir wohnten im Osten. Mein Vater als Eisenbahner bekam einige Freifahrtscheine. Einer davon auch für das Ausland. Er konnte sie selber ausschreiben, mit den Nahmen der Stadt, wo er hin wollte. Nun beschlossen meine Eltern nach Duisburg, wo meine Großeltern wohnten, zur silbernen Hochzeit, zu fahren. Dafür mussten wir aber über die Grenze von Ost - und Westdeutschland, ohne gültige Papiere ging das nicht. So beschlossen sie schwarz über die Grenze zu machen. Mein Vater nahm übers Wochenende ein paar Tage Urlaub und meine Mutter auch. Sie packten einen kleinen Koffer und mein Vater trug ein Rucksack. Ich musste so gar eine Mütze im Sommer trage. In den Bummeln der Mütze hatte meine Mutter Geld ein gehäkelt. An einem Freitagabend fuhren wir mit dem Zug nach Stapelburg bis fast an die Grenze. Zu Fuß ging es dann im Dunklen weiter über die Grenze. Sie wurde von Russen bewacht. Wir mussten uns vorsichtig bewegen. Von Stapelburg ging es bis nach einem kleinen Ort bei Bad Harzburg. Von da aus wieder mit dem Zug. Doch unterwegs auf dem Weg hatte mein Vater seine Anzughose, die er über den Arm trug, verloren. Er ließ uns zurück in Niedersachsen und ging den Weg noch einmal zurück. Wie ein Wunder war er nach über einer Stunde zurück und mit seiner Hose. Da war die Freude groß. Auf dem kleinen Bahnhof schrieb er seinen Auslandsfreischein aus und wir fuhren über Bad Harzburg und Hannover nach Duisburg. Wir kamen gut an und Opa und Oma freuten sich sehr. Die Feier war auch sehr schön. In Duisburg holten wir uns dann eine Rückfahrkarte von der Bahn. Auch die bekamen wir alle der frei, weil mein Vater bei der Eisenbahn war. Mein Vater fuhr eher und wir blieben noch ein paar Tage. Nach einer Woche fuhren wir auch zurück. Doch an der Grenze schnappten uns die Russen. Meine Mutter wurde im Keller eingesperrt und mit mir spielten russische Soldaten Fußball. Nach circa drei Stunden wurde meine Mutter wieder frei gelassen, wer weiß was mit ihr passiert ist. Sie wollte nicht darüber reden. Heute kann ich mir vorstellen, was passiert. Meine Mutter war damals eine attraktive Frau. Als wir zu Hase ankamen, kam am nächsten Tag die Polizei und meine Eltern mussten fünfhundert (Ostmark) Strafe zahlen. Zur damaligen Zeit war das sehr, sehr viel Geld. Meine Mutter schrieb das meinen Opa und der schrieb einen Brief an die Regierung der DDR. Doch das nützte nicht viel, die fünfhundert (Ostmark) waren weg. Doch unser Leben in der DDR ging weiter. Wir hatten noch viele solche Erlebnisse.
Vielen Dank für deinen Beitrag. Solche selbst erlebten Vorkommnisse tragen dazu bei, dass nicht in Vergessenheit gerät, wie unmenschlich es gewesen ist, als Deutschland geteilt war.