Was gibt es Schöneres, als an einem sonnigen Tag in einer hübschen Konditorei einen Kaffee und ein Stück Kuchen zu genießen? Vielleicht nur eines: die Konditorei selbst zu besitzen und mit ihr anderen Menschen den Tag zu versüßen.
Der 27-jährige Ngo Quy Hai aus der Stadt Kon Tum in Vietnam hat das geschafft. Er ist der glückliche Besitzer der Bäckerei „Sunhouse Coffee“.
Für Ngo ist ein solcher Platz im Leben nichts, was sich einfach so ergeben hätte. Seit seiner Kindheit musste er sich jedes bisschen Erfolg und Anerkennung sehr hart erkämpfen.
Als Ngo noch ein Kleinkind war, hatte er einen sehr schlimmen Unfall. Beim Spielen fiel er mit dem Gesicht voran in einen offenen Holzofen.
Er fand nur einen einzigen Freund
Sein Gesicht und große Teile seines Körpers erlitten furchtbare Verbrennungen. Ngo musste zwei Jahre lang im Kinderkrankenhaus von Saigon behandelt werden. Er blieb mit tiefen Narben zurück, die vor allem sein Gesicht für immer zeichnen sollten.
In der Schule wurde Ngo von den anderen Kindern wegen seines Aussehens grausam gemobbt. Er fand nur einen einzigen Freund: einen Jungen, der ebenfalls körperliche Einschränkungen hatte.
Als die beiden Freunde etwa 10 Jahre alt waren, kamen sie an einer wunderhübschen Bäckerei vorbei. Sie beschlossen daraufhin, ihr weniges Taschengeld zu sparen und sich später einmal einen der kunstvoll verzierten Kuchen zu kaufen, die dort ausgestellt waren.
Es dauerte Monate, bis sie genug Geld für solch einen Kuchen beisammen hatten. Aber zum Geburtstag von Ngos Freund war es so weit. Als sie schließlich freudig aufgeregt zu der Bäckerei gingen, um ihm einen schönen Geburtstagskuchen auszusuchen, ließ man sie nicht eintreten.
„An diesem Tag wusste ich, was ich tun wollte“
„Unsere Kleidung war ärmlich. Sie ließen uns nicht rein. Sie glaubten uns nicht, dass wir genügend Geld hatten. Sie jagten uns davon“, erinnert sich Ngo an das demütigende Erlebnis.
Ngo weiß noch, wie sehr sein Freund an diesem Tag weinte. „Es war furchtbar. Aber an diesem Tag wusste ich, was ich tun wollte. Ich wollte meine eigene Bäckerei eröffnen. Ich wollte köstliche, wunderschöne Kuchen backen und alle Menschen willkommen heißen. Reich oder arm, in meinem Café dürfte jeder sitzen.“
2016 konnte Ngo durch eine Wohltätigkeitsorganisation nach Deutschland gebracht werden, wo er fortgeschrittene rekonstruktive Behandlungen für sein Gesicht bekam.
Die Operationen waren erfolgreich, hatten ihn aber schwer mitgenommen: Ngo lag 21 Tage lang im Koma. Doch die Verbesserungen an seiner Haut und die Freundlichkeit des Krankenhauspersonals taten ihm sehr gut.
Zum ersten Mal seit Langem hatte er den Mut, seine Zukunft zu planen. Nach seiner Heimreise schrieb er sich in einer Gastgewerbeschule in Hanoi ein. Dort erfuhr er zum ersten Mal Akzeptanz und Respekt von seinen Mitschülern.
Ngo hat nach einem erfolgreichen Abschluss seinen lange gehegten Traum wahrgemacht und mit „Sunhouse Coffee“ sein eigenes Café mit Bäckerei eröffnet.
Er engagiert sich für Kinder in Not und organisiert Tage, an denen diese in seinem Café kostenlos essen können, während er sie mit Gitarrenmusik unterhält.
„Ich bin mehr als nur mein Äußeres. Ich bin ein Überlebender“, sagt er über sich. „Wir wissen nie, mit welchen Härten ein Mensch zu kämpfen hat. Seid freundlich zu jenen, denen ihr begegnet.“
Das sind weise Worte, nach denen es sich zu leben lohnt.