Berlin (dpa/tmn) - Sich im Pflegegesetz-Dschungel zurecht zu finden, ist nicht einfach. Zum Beispiel, wenn es um Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel geht: Was sind die Voraussetzungen für den Anspruch? Welche Kasse ist zuständig? Wie viel muss der Versicherte zahlen?
ich hoffe ich kann Dir mit nachfolgenden Ausführungen weiterhelfen.
Pflegehilfsmittel
Zusammenfassung
Begriff
Pflegehilfsmittel werden zur • Erleichterung der Pflege, • Linderung der Beschwerden oder • Ermöglichung der selbstständigen Lebensführung dem Pflegebedürftigen von der Pflegekasse zur Verfügung gestellt. Die Kosten werden von der Pflegekasse übernommen, wenn keine Leistungspflicht der Krankenkasse oder anderer Leistungserbringer besteht.
Gesetze, Vorschriften und Entscheidungen
Die gesetzliche Grundlage für die Pflegehilfsmittel sind §§ 40 Abs. 1 - 3 und 78 SGB XI. Weitere Regelungen ergeben sich aus den Gemeinsamen Rundschreiben der Sozialversicherungsträger (GR v. 15.7.2008, GR v. 27.3.2007 und GR v. 18.12.2007) und der Empfehlung des GKV-Spitzenverbandes zur Hilfsmittelbegutachtung Häusliche Pflege v. 8.6.2009
Definition Pflegehilfsmittel
Pflegehilfsmittel sind sächliche Mittel oder technische Produkte, die • individuell gefertigt, • als serienmäßig hergestellte Ware in unverändertem Zustand oder • als Basisprodukt mit entsprechender handwerklicher Zurichtung, Ergänzung bzw. Abänderung von den Leistungserbringern abgegeben werden. Pflegehilfsmittel sind transportable Produkte und werden unterschieden in • zum Verbrauch bestimmte Produkte und • technische Produkte. Zu den Pflegehilfsmitteln zählen auch Zubehörteile, ohne die die Basisprodukte nicht oder nicht zweckentsprechend betrieben werden können (GR v. 18.12.2007: Abschn. 4.1).
Anspruchsvoraussetzungen und Leistungsumfang
Pflegebedürftige haben Anspruch auf Pflegehilfsmittel, die • die Pflege erleichtern, • Beschwerden des Pflegebedürftigen lindern oder • eine selbstständige Lebensführung ermöglichen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).
Wichtig
Subsidiäre Zuständigkeit
Kosten für Pflegehilfsmittel werden von der Pflegekasse nur übernommen, wenn keine Leistungsverpflichtung der Krankenkasse oder eines anderen Leistungsträgers (z. B. Unfallversicherung) besteht. D. h., bei der Prüfung der Zuständigkeit ist mit der Prüfung der krankenversicherungsspezifischen Indikationen zu beginnen (Empfehlung Hilfsmittelbegutachtung).
Häusliche Pflege - Abschn. 2.3).
Der Anspruch besteht unabhängig von der Pflegestufe - es muss jedoch mindestens die Pflegestufe 1 vorliegen - und orientiert sich an dem vorliegenden Einzelfall. Der Anspruchsgrund kann sowohl in der Person des Pflegebedürftigen als auch der Pflegeperson liegen.
Verbrauchs-Pflegehilfsmittel
Die zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel sind z. B. Einmalhandschuhe oder Betteinlagen. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten bis zu einem Betrag von 31 EUR monatlich (§ 41 Abs. 2 SGB XI). Die Mehrkosten hat der Pflegebedürftige selbst zu tragen.
Pflegebedürftige können wählen, ob sie die zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel als • Sachleistung oder • im Rahmen der Kostenerstattung für selbst beschaffte Pflegehilfsmittel in Anspruch nehmen möchten.
In den Fällen der Kostenerstattung, in denen z. B. im letzten halben Jahr ein monatlicher Bedarf an zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln in Höhe von mindestens 31 EUR nachgewiesen wurde, sollte auf die monatliche Vorlage von entsprechenden Belegen verzichtet werden (GR v. 15.7.2008: Abschn. 1.2 Abs. 1).
Technische Pflegehilfsmittel
Technische Pflegehilfsmittel sind z. B. Pflegebetten, Lagerungshilfen oder ein Notrufsystem. Sie werden dem Pflegebedürftigen in der Regel leihweise überlassen.
Die Pflegekasse muss das Pflegehilfsmittel in einem gebrauchsfertigen Zustand zur Verfügung stellen. Die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln umfasst neben der Grundausstattung (einschließlich der Anpassung der Produkte) auch • das Zubehör, • die Anpassung und/oder Ausbildung im Gebrauch des Hilfsmittels, • die Änderung, Instandsetzung oder Ersatzbeschaffung sowie • die notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen (§ 40 Abs. 3 Sätze 1 - 3 und Satz 7 SGB XI).
Wichtig
Ärztliche Verordnung nicht notwendig
Eine ärztliche Verordnung ist für die Abgabe eines Pflegehilfsmittels durch die Pflegekasse nicht vorgesehen. Die Beurteilung über die Notwendigkeit des Pflegehilfsmittels wird in der Regel von einer Pflegefachkraft oder dem Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) vorgenommen (GR v. 18.12.2007: Abschn. 6.1.1).
Kostenübernahme/Zuzahlung
Die Pflegekassen schließen mit den Leistungserbringern Verträge über die Erbringung der technischen und zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmittel (§ 78 Abs. 1 SGB XI). Die Pflegekasse übernimmt die vertraglich vereinbarten Preise.
Pflegehilfsmittel werden dem Pflegebedürftigen in der Regel leihweise überlassen. Lehnt der Versicherte die leihweise Überlassung ohne zwingenden Grund ab, hat er die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen. Auch die Mehrkosten für eine vom Versicherten gewünschte Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht sowie dadurch bedingte Folgekosten,hat dieser selbst zu tragen (GR v. 15.7.2008: Abschn. 1.2 Abs. 2).
Achtung
Zuständigkeit bei Krankenkassenwechsel
Die Pflegekasse, bei der am Tag der Abgabe des Hilfsmittels an den Pflegebedürftigen (Tag der Leistungserbringung) - ggf. nach erfolgter Anpassung - ein Versicherungsverhältnis besteht, ist leistungspflichtig (GR v. 22.9.2008: Abschn. 6). Selbstbehalte der Versicherten Pflegebedürftige, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der technischen Pflegehilfsmittel eine Zuzahlung • von 10 %, • höchstens jedoch 25 EUR je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Die Zuzahlung wird bei der Erstattung von Zuzahlungen im Rahmen der individuellen Belastungsgrenze berücksichtigt (§ 62 SGB V). Ist der Pflegebedürftige von seiner Krankenkasse für das laufende Kalenderjahr bereits von den Zuzahlungen befreit, hat er keine Zuzahlung zu leisten (§ 40 Abs. 3 Sätze 4 - 6 SGB XI).
Bei leihweise bzw. im Leasingverfahren überlassenen technischen Pflegehilfsmitteln entfällt eine Zuzahlung (GR v 18.12.2007: Abschn. 7.3).
Praxis-Beispiel
Anspruch auf Pflegehilfsmittel, Kostenübernahme und Zuzahlung Ein Pflegebedürftiger (Pflegestufe II) benötigt lt. MDK-Pflegegutachten ein Pflegebett. Das Pflegebett wird vom Vertragspartner zum vertraglich vereinbarten Preis in Höhe von 1.195,95 EUR zur Verfügung gestellt und wird dem Pflegebedürftigen leihweise überlassen.
Ein Pflegebett ist ein technisches Pflegehilfsmittel. Der Pflegebedürftige hat Anspruch auf das Pflegebett in Höhe des vertraglich vereinbarten Preises. Er hat keine Zuzahlung zu leisten.
Leistungsabgrenzung zur Krankenversicherung
Wichtig
Anspruch auf Pflegehilfsmittel
Ein Anspruch auf Pflegehilfsmittel besteht nur im häuslichen Bereich.
Hilfsmittel in vollstationären Einrichtungen
Das Pflegeheim hat die Pflegebedürftigen nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse ausreichend und angemessen zu pflegen. Das dafür typische Inventar von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln muss bereitgestellt werden. Dies sind z. B. Produkte, die von den Bewohnern gemeinsam beansprucht werden und dem Bereich der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) zugeordnet werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die pflegerelevanten Ziele, etwa die Erleichterung oder Ermöglichung von Pflegemaßnahmen, überwiegen. Auch Hilfsmittel, die allgemein der Prophylaxe dienen oder andere pflegerische Maßnahmen ersetzen, sind regelmäßig vom Pflegeheim vorzuhalten.
Individuelle Hilfsmittelversorgung
Die Heimbewohner haben auch einen Anspruch auf die individuelle Versorgung mit Hilfsmitteln zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies ist der Fall, wenn dem Pflegebedürftigen durch ein individuell nur von ihm genutztes Hilfsmittel eine Teilnahme am Leben der Gemeinschaft - ggf. auch nur passiv oder eingeschränkt - ermöglicht wird. Dies gilt auch, wenn eine verantwortungsbewusste Selbstbestimmung oder eine Rehabilitation des Versicherten nicht mehr möglich ist oder der Ist-Zustand der Behinderung nicht mehr verbessert werden kann.Die Abgrenzung der Leistungspflicht für notwendige Hilfsmittel bei Heimbewohnern kann nicht allgemein verbindlich und rein produktspezifisch vorgenommen werden. In der Praxis ist jeder einzelne Versorgungsfall insbesondere auch unter Berücksichtigung der Einrichtungsstruktur und Bewohnerklientel der stationären Einrichtung individuell zu prüfen (GR v. 27.3.2007: Abschn. 3.1 und Anlage 1).
Pflegehilfsmittel in der häuslichen Pflege
Bei Pflegebedürftigen in der häuslichen Pflege ist primär die Hilfsmittelversorgung zulasten der Krankenkasse zu prüfen, auch wenn ein Pflegehilfsmittel zulasten der Pflegeversicherung beantragt wird. Besteht nach dieser Prüfung kein Leistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse, sind die Voraussetzungen für die Versorgung über die Pflegekasse zu prüfen. Hier ist insbesondere festzustellen, ob das beantragte Pflegehilfsmittel bei den Aktivitäten bzw. pflegerischen Verrichtungen der • Körperpflege (z. B. Waschen, Duschen, Baden, Darm- und Blasenentleerung), • Ernährung (z. B. mundgerechte Zubereitung der Nahrung, Aufnahme der Nahrung), • Mobilität (z. B. Aufstehen und Zubettgehen, Lagern, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Transfer, Treppensteigen) im konkreten Einzelfall • die Pflege erleichtert, • die Beschwerden lindert oder • eine selbstständige Lebensführung ermöglicht. Es ist darzulegen, mit welchen • noch durchführbaren bzw. nicht durchführbaren Aktivitäten des Pflegebedürftigen oder • pflegerischen Aktivität der Pflegeperson der Pflegehilfsmitteleinsatz sich auf die o. g. Versorgungszielen auswirkt (Empfehlung zur Hilfsmittelbegutachtung Häusliche Pflege Abschn. 2.3.1 und 2.3.2). Praxis-Beispiel Abgrenzung Hilfsmittel der GKV - Pflegehilfsmittel
1. Eine Pflegebedürftige (Pflegestufe I) wird zu Hause von den Angehörigen gepflegt und einmal in der Woche von ihrer Pflegeperson gebadet; mittels einer Einstieghilfe und eines Badewannensitzes könnte sie es noch alleine tun. Kostenträger der Einstieghilfe sowie des Badewannensitzes ist die GKV. 2. Ein Pflegebedürftiger (Pflegestufe II, vollstationäre Pflege) leidet unter schwerer Hüftgelenk- und Kniegelenkarthrose sowie Herzinsuffizienz und ist deshalb künftig auf einen Rollstuhl angewiesen. Er wird regelmäßig von seinen Angehörigen zur Spazierfahrt auch außerhalb des Pflegeheims abgeholt. Kostenträger des Rollstuhls ist die GKV. 3. Ein Pflegebedürftiger (Pflegestufe I, ambulante Pflege) leidet an Morbus Parkinson und kann aufgrund der Krankheit nicht mehr alleine aus einem Sessel aufstehen. Deshalb wird ein Aufrichtsessel beantragt. Bei einem Sessel mit elektromotorisch verstellbarer Rückenlehne, Sitzfläche Beinauflage sowie Aufstehhilfe handelt es sich um einen Gebrauchsgegenstand, welcher konfektioniert, in großen Stückzahlen als Fernsehsessel angeboten wird. Die Ausstattung mit einem ausreichend nutzbaren Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (Sessel) fällt nicht in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung.
Pflegehilfsmittelverzeichnis
Die Pflegehilfsmittel sind systematisch als Anlage zum Hilfsmittelverzeichnis erfasst (§ 78 Abs. 2 SGB XI). Die Gliederungssystematik ist identisch wie im Bereich der GKV. Die stets aktuellste Fassung wird durch den GKV-Spitzenverband im Internet veröffentlicht.
Das Pflegehilfsmittelverzeichnis wird laufend aktualisiert. Es nennt 5 Produktgruppen, die grundsätzlich in die Leistungspflicht der gesetzlichen Pflegeversicherung fallen:
Produktgruppe 50 = Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege (z. B. Pflegebetten) Produktgruppe 51 = Pflegehilfsmittel zur Körperpflege/Hygiene (z. B. Bettpfannen, Urinflaschen) Produktgruppe 52 = Pflegehilfsmittel zur selbstständigeren Lebensführung/Mobilität (z. B. Hausnotrufsysteme) Produktgruppe 53 = Pflegehilfsmittel zur Linderung der Beschwerden (z. B. Lagerungsrollen) Produktgruppe 54 = Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel Die Aufzählung im Pflegehilfsmittelverzeichnis ist nicht abschließend. Es besteht auch ein Anspruch auf nicht aufgelistete Pflegehilfsmittel[1].
ich bin von Beruf Rentenberater und Prozessagent. Wenn Ihr Fragen aus der Sozialversicherung habt, dann fragt einfach. Ich werde versuchen diese zeitnah zu beantworten.
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