Burkhard Heidenberger schrieb am 9.8.2008 zum Thema „Geschichten & Weisheiten“. http://www.zeitblueten.com
Die fünf Gelehrten und der Elefant
In einem Königreich lebten einmal fünf weise Gelehrte. Und sie alle waren blind. Ihr König schickte die fünf blinden Gelehrten auf die Reise nach Indien, um herauszufinden, was ein Elefant ist.
Dort angekommen, wurden sie von einem Helfer zu einem Elefanten geführt. Sie standen dann um das Tier und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild vom Elefanten zu machen. Wieder zurück beim König sollten sie über den Elefanten berichten. Der erste Gelehrte hatte das Ohr des Tieres ertastet und begann: „Der Elefant ist wie ein großer Fächer“. Der zweite Blinde, der den Rüssel berührt hat, widersprach ihm: „Nein, er ist ein langer Arm.“ „Stimmt nicht, er fühlt sich an wie ein Seil mit ein paar Haaren am Ende“, entgegnete jener Gelehrte, der den Schwanz des Elefanten ergriffen hat. „Er ist wie eine dicke Säule!“, berichtete der vierte blinde Gelehrte, der das Bein ertastet hat. Und der fünfte, der den Elefantenrumpf berührt hat, meinte: „Der Elefant ist wie eine riesige Masse mit einigen Rundungen und Borsten darauf.“
Sie konnten sich nicht einigen, was ein Elefant wirklich ist. Aufgrund ihrer widersprüchlichen Aussagen fürchteten die Gelehrten den Zorn des Königs. Doch der König lächelte weise: "Ich danke euch, denn nun weiß ich, was ein Elefant ist: Ein Elefant ist ein Tier mit Ohren wie Fächer, mit einem Rüssel, der wie ein langer Arm ist, mit einem Schwanz, der einem Seil mit ein paar Haaren daran gleicht, mit Beinen, die wie starke Säulen sind und mit einem Rumpf, der wie eine große Masse mit einigen Rundungen und ein paar Borsten ist." Die Gelehrten senkten beschämt ihren Kopf, nachdem sie erkannten, dass jeder von ihnen nur einen Teil des Elefanten ertastet hatte und sie sich zu schnell damit zufriedengegeben hatten. Und so ist es wohl auch: Jeder von uns hat seine eigenen Wahrheiten, weil wir anders „wahr“-nehmen. Und das ist gut so! Aber wir sollten dabei immer offen bleiben für die Wahrnehmungen und „Wahrheiten“ der anderen.