Heutzutage werden völlig andere Methoden - sowohl im Weingarten, als auch im Keller - verwendet.
In den großen Weingärten haben sich Hochkulturen mit größerem Zeilenabstand durchgesetzt, damit alles maschinell (inkl. der Weinlese) - mit wenig manueller Arbeitskraft - erledigt werden kann. Auch in den Weinkellern gibt es neben der automatischen Weinpresse nun genau computergesteuerte Gärprozesse, wo meist besondere Hefen zur gewünschten/gezielten Gärung eingesetzt werden. Ebenfalls wird bei gewünschten Alkoholgrad die Gärung durch äußeres Wasserkühlen der Tanks gestoppt. Wichtig ist immer, dass eine ideale Kombination von Alkoholgehalt, Restsüße und Säure für die jeweilige Weinsorte entsteht.
Natürlich ist der Weinerzeuger weiterhin vom Wetter der vergangenen Monate abhängig und versucht mit Klugheit eben das Beste aus dem Rohmaterial herauszuholen. Franzosen machten schon immer sog. Jahrgangsverschnitte, um bei unterschiedlicher Ernte mit Vermischung des Weines vom Vorjahr möglichst dem gewohnten Kundengeschmack zu entsprechen.
Da aktuell schon ein Großteil des Weinabsatzes über Supermärkte verkauft wird, müssen die Lieferanten besonders auf gleichbleibende Qualität achten, denn dort herrscht der Grundsatz, dass es viel Aufklärung für Neuwaren benötigt und so gegen die Politik der „schnellen Lagerumdrehung“ verstößt. Vor allem verlangen die Einkäufer, dass der Nachschub jederzeit in jeder gewünschte Menge zu gleichen Qualitäts- und Preisbedingungen möglich ist. Weinqualitäten, welche diesen Kriterien nicht entsprechen, werden schnell „ausgelistet“. Aber es gibt auch Weinfachgeschäfte und Ab-Hof-Verkäufe, wo Beratung und Erklärung der einzelnen Jahrgänge mit unterschiedlichen Wetterbedingungen erfolgt. Dort findet man aber keine Massenware zu Niedrigpreisen.
Noch ein paar Worte zu den Massenweinen niedriger Qualität: Natürlich gibt es immer Erzeuger von solchen Trauben und Weinen, welche nur Quantität statt Qualität zum Ziel haben. Auch dafür gibt es einen Markt/Konsumenten, welche möglichst viel Wein für möglichst wenige Euros haben wollen. Daher werden oft sogar solche Weine aus Übersee (Australien, Südafrika, Südamerika) in Containern für Flüssigkeiten nach Europa verschifft und erst hier abgefüllt und mit exotischen Flaschenetiketten versehen, um Transportkosten der gewichtigen Flaschen zu ersparen und die Konsumenten etwas zu täuschen. Der Konsument erkennt dies oft nur an einem sehr kleinen Aufdruck, z.B. Abgefüllt in D-55411.
Moderne Technologien machen es sogar möglich, vorhandenen Wein in alle Bestsandteile zu zerlegen und nach Wunschrezept wieder zusammenzusetzen. Vor allem wird dabei - ohne Rücksicht auf die Wetterbedingungen vor der Ernte - dem oben genannten Wunsch der Händler entsprochen. Hoffentlich finden diese Methoden keine große Verbreitung.
Wenn eine 0.75-Liter-Weinflasche beim Diskonter um € 2,99 oder € 3,99 angeboten wird, dann darf man sich keine großen Erwartungen zur Weinqualität machen. Denn Glasflasche, Verschluß, Etikette, Karton, Transport, Gewinne für Erzeuger und Händler sowie Steuern lassen wenig Spielraum für den eigentlichen Inhalt. Ich sage immer, da ist es besser, nur Wasser zu trinken.
Wir waren gerade in Braunlage ein Familien-Wanderwochenende verbringen. In der Küche der Luxuswohnung hing ein Weinregal mit 4 edlen Tropfen. Daneben ein Schild zur Selbstbedienung oder nur zum Tausch. Man möge wieder mit der Sorte, die einem selbst schmeckt, auffüllen. Ich habe mir mal eine Flasche "Blaufränkischen" aus dem österreichischen Burgenland gegönnt und im Gegenzug einen lieblichen Franzosen zum Auffüllen dazugetan. Ich fand das eine großartige Idee, ähnlich den vielen Buchtauschplätzen entlang des Bodensees.
Gruß Tannerprinz
Die Weite Deines Horizonts ist Frage Deiner Sicht. Der Große sieht ihn breiter, der Kleine leider nicht. (Tannerprinz)
Mal zu den Billigweinen. Im Osten aufgewachsen, war es fast unmöglich mal einen Kadarka zu bekommen. Hatte nichts mit Geld zu tun, eher mit dem mangel an trinkbaren Weinen. Nach 1990 dann habe ich im Discounter öfterKadarka probiert. Von grauselig bis bestens ging da die Spanne. Die preise jenseits der Erzeugerwünsche bei 0,99 DM. Meist schmeckte das Gesöff nicht, was fast logisch erscheint. Inzwischen kam der Euro und obenderin stiegen die Preise, zwar moderat, aber sie stiegen. Heute gibt es hin und wieder mazedonischen Kadarka für 1,99 bis 2,49 €. Wenn ich den erwische, ist mein Einkaufswagen randvoll. So etwas lecker süffiges findet man nicht oft. Man sollte aber auf "mazedonisch" achten. Der bulgarische ist ungenießbar. Auf unserem Campingplatz habe ich im Schummerlicht mal Gläser mit meinem mazedonischen gefüllt und verkostet. Alle, wirklich alle waren der Lobes voll und meinten, wir hätten 5 oder 6 Mark pro Flasch bezahlt. Dann die Gesichter bei der Auflösung. Der Lidlwein hat alle begeistert und keiner hat sich gar geschämt, ab sofort solchen Billigkram zu ordern.
Gruß Tannerprinz
Die Weite Deines Horizonts ist Frage Deiner Sicht. Der Große sieht ihn breiter, der Kleine leider nicht. (Tannerprinz)
Eigentlich ist der beste Wein immer jener, welcher persönlich am besten schmeckt/mundet. Ich war beruflich und ausbildungsmässig mit Wein etwas belastet, trotzdem gibt es bei mir beim Einkauf eine Preisobergrenze von € 7,-- pro 0,75 ml-Flasche. Alles darüber ist für mich Luxus und man bezahlt immer auch für besondere Erzeugernamen und Auszeichnungen.
Da die Gastronomie auf den Weineinkaufspreis mindestens 400 % aufschlägt, ist mir bei Gesellschaft im Restaurant auch ein Limit von € 30 gesetzt.
In den diversen Sommerfesten gibt es neben dem einfachen Schankwein nun fast überall - auch wegen der Alkoholkontrollen der PKW-Lenker - sog. "Achtelbars", wo man etwas bessere Weine im kleinen 125 ml-Glas ab € 2,50 trinken/kosten kann. Auch in Restaurants ist dies schon üblich, wo der höhere Preis auch durch die eventuelle Entsorgung des Flaschenrestes begründet wird. Manche Spitzenrestaurants verwenden auch schon den Flaschenverschluss mit "Hohlnadel-Ausgiesser", wo es auch bei längerer Zeit der angebrochenen "teuren" Flaschen wegen des Gaszusatzes keinen Qualitätsverlust gibt. Z.B. das "Model Two von Corvin" zum stolzen Preis von über € 300. Der Wine Protector zu € 65 sprüht Lachgas in die Flasche, wird aber als weniger gut bewertet, da das Gas schnell wieder durch den störenden Sauerstoff ersetzt wird. Ich verwende mit Erfolg eine Vaccumpumpe von Vacu Vin, welche es mit den erforderlichen Gummiverschlüssen bereits um € 15 zu kaufen gibt.
P.S.: die Sorte Kadarka verlangt besondere Sorgfalt der Winzer, daher gibt es immer viele unterschiedliche Qualitäten aus mehreren Balkanländern am Markt.
P.P.S.: ein alter Witz sagt, dass der alte Weinbauer an seinem Sterbebett dem Sohn noch ein Geheimnis anvertraute: Übrigens, Wein kann man auch aus Trauben machen.
@Gerhard, grandios geschrieben. Bei meinen Weinen gibt es auch nie Qualitätsverluste durch zu lange geöffnete Flaschen. Ich trinke die einfach leer. Da bin ich zu sparsam erzogen. (Bin trotzdem kein Schwabe!) Einen der besten je getrunkenen Weine schlürfte ich an der Mosel beim Hotelier Kettermann. Einen 2012er Riesling.
Gruß Tannerprinz
Die Weite Deines Horizonts ist Frage Deiner Sicht. Der Große sieht ihn breiter, der Kleine leider nicht. (Tannerprinz)
Die vorherigen Beiträge zum schier unerschöpflichen Thema Wein habe ich mit großem Interesse gelesen und danke sehr dafür. Schon immer zählt bei mir nicht nur der Geschmack sondern auch die Bekömmlichkeit. Wie auch bei anderen Erzeugnissen ist (vermutlich nicht nur bei mir) eine gewisse Geschmacksrichtung vorgegeben; für mich also wenig Süße.
Vor Jahren gab es in unserem engeren Bekanntenkreis auch jemanden, der für einen namhaften Weinhändler tätig war. Verkostungen gehörten also nicht selten zu Abenden, an denen wir uns trafen. Auch Trockenbeerenauslese und Eiswein waren dabei, wurden von mir aber nach und nach abgelehnt, weil ich sie nur widerwillig durch den Hals bekam. Kommentare reichten von "Besseres gibt es kaum" bis hin zu "dir kann man wohl nichts recht machen". Einige Zeit später schlug nach und nach der Glykolwein-Skandal enorme Wellen, von denn auch der namhafte Händler fast gänzlich überspült wurde. Meine Abneigung war also nicht unbegründet.
Bei 'Kadarka' hat es geklingelt. Wir hatten früher mitunter in einem Supermarkt 'Rosentaler Kadarka' eingekauft. Irgendwann werde ich - falls noch verfügbar - Nachlese halten.
@Promise Bei den höchsten Qualitäts- bzw. Prädikatsstufen "Eiswein" und "Trockenbeerenauslese" ist infolge der sehr späten Lesezeit - und dem erwünschten Edelpilzbefall - viel Wasser bereits aus den Beeren verdunstet. Daher ist der Zuckergehalt sehr hoch, welcher großteils absichtlich vom Winzer nicht in Alkohol umgewandelt wird. Das Ergebnis ist ein sehr süßer Wein, welcher nur in kleinen Mengen - am besten nach dem Essen - bekömmlich ist. Abgefüllt wird oft in kleinen Flaschen und die Preise sind wegen der geringen Ausbeute dementsprechend. Im Glas sieht man die höhere Viskosität, wo wie Öl der Wein langsamer die Glasinnenfläche hinunterrinnt.