Wer es las, erinnert sich, dass ich mal als "Friseurlehrling" fungierte. Das war im Nachbardorf von Quedlinburg. Ausgerechent dahin mussten wir Mauerlehrlinge im 2. Lehrjahr....
Neben der alten Schule wurde der bisherige Schulhof weggebaggert. Aus diesem wurde eine tiefe Baugrube für den Keller des neuen Schulanbaus. Der Schulhof verbarg aber bis dahin ein uraltes Ditfurter Geheimnis. Hier, wo bis 1967 Kinder tobten, existierte einst in grauer Vorzeit ein Friedhof. Als wir erstmals die Baugrube betraten, ragten teilweise Gebeine aus dem Baugrubenabbruch. Schaurig schön, das war doch mal was für uns Halbstarke … Man konnte seitlich der Baugrube die einzelnen Grabstellen, wohl Reihengräber erkennen. Da die alte Schule nicht unterkellert war, mussten wir nun meterweise die Böschung am und unter dem Schulgiebel von Hand weg graben. Dann wurde ein Stück des alten Schulgiebels unterfangen, also untermauert, und sogleich folgte der nächste Meter. In diesem Erdaushub lagen auch noch einige der hunderte Jahre alten Leichen.
Sobald ein neues Skelett frei lag, stürmte unser Lehrausbilder los, um wenigstens den Schädel zu sichern. Den zertrümmerte er dann mit Akribie, damit seine Pappenheimer damit keinen Fussball spielten.
Hier muss auch eine Vorfahrin meiner Russischlehrerin begraben worden sein. Denn einen Totenkopf zierte noch immer ein geflochtener Dutt. Ich staunte, wie lange sich doch manche Friseurarbeit hält. Des Schulhausmeisters von mir verunstaltete Tochter habe ich nun, 2 Jahre später zum Glück nicht wieder gesehen.
Als eines Tages unser Lehrobermeister Haak aufkreuzte, waren von uns 2 Oberschenkel-Knochen gekreuzt oben an einer Gerüststange angenagelt. Obenauf ein Schädel. Haak tobte sofort; vermutlich war das der Grund seines Kommens. Alte Ditfurter hatten sich offensichtlich wegen dieser Leichenfledderei beschwert. Zu recht! Nach kurzem Gebrüll wurde auch aus diesem skandalösen Ort eine sozialistische Vorzeige-Baustelle. Statt Ahnenschädel wehte nun immer seine mitgebrachte Fahne …
Gruß Tannerprinz
Die Weite Deines Horizonts ist Frage Deiner Sicht. Der Große sieht ihn breiter, der Kleine leider nicht. (Tannerprinz)
Nach den Toten aus Ditfurt nun was Angenehmeres: 1967 kaufte ich mein erstes Moped. Bereits im 1. Lehrjahr hatte ich einem Herrn K. aus Rieder, einem Kollegen meines Vaters, sein verrostetes Moped “SR 1”, Baujahr 1952 abgekauft. Das bauten wir wieder auf und dann traute ich mich sogar, damit 270 km bis an den Rätzsee nach Mecklenburg zu fahren.
Nach dem 3. Lehrjahr kaufte ich dann für 1.200.- Mark ein ladenneues Simson-Mokick namens “Star” im Fahrzeughaus beim Mann meiner früheren FDJ-Sekretärin Annerose. Da er meinen Vater gut kannte, bekam ich das Moped sehr schnell. Beziehungen waren immer gut.
Der “Star” war ein feines zweisitziges Mokick. Ich brauchte allerdings nach 3 Tagen bereits einen Ersatzrahmen. Denn auf der Fahrt in den Urlaub, bin ich einem wieder anfahrenden und an den Bahnschienen grundlos abrupt abbremsenden Skoda hinten aufgefahren. Das geschah am Bahnübergang auf der heutigen B 5 bei Segeletz. Zu DDR-Zeiten hatte grundsätzlich der Auffahrende Schuld.
Das war sicher auch der Grund, warum der Fahrer aus seinem einen Tag alten Auto sprang und mich mit “Mörder, Mörder” anschrie. Ich hatte sein Auto gemordet! Seine Frau hatte einige Mühe, ihn zu beruhigen. Sein Skoda “S 100” brauchte lediglich eine neue Stoßstange und einen neuen Motorgrill und neue Motorhaube (weil Heckmotor). Eine Reparatur konnte viele Monate dauern … Ich aber hatte ohnehin größere Probleme. Ich saß ja zuvor breitbeinig auf meinem Gefährt, dann ist der Rahmen unter dem Tank abgeknickt. Da weiß ein jeder Mann, wo ich Schmerzen verspürte …
Nach weiteren 3 Monaten bekam das Mokick den dritten Rahmen. Da habe ich den Schäferhund unseres Nachbarn unverschuldet totgefahren. Aller guten Dinge sind drei sagt der Volksmund. Und so war es auch. Ab dem dritten Rahmen war es die reinste Freude mit meinem Star …
Tannerprinz
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Keine Rechte
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Bei "Moped" fällt mir auch wieder etwas ein. Es waren die Anfänge oder die Mitte der 50er Jahre, als mein Vater das altersschwache Fahrrad dem Klüngelkerl mitgab, weil er sich ein Moped der Marke Zündapp gekauft hatte. Irgendwie sah es wie ein Fahrrad aus, hatte aber Motor und Tank. Wieviel in diesen Tank passte und wie oft Vati damit zur Arbeit und retour fahren konnte, ist mir entfallen. Mir ist es jedenfalls vorgekommen, als wäre immer zu wenig drin gewesen. Nicht selten wurde mir nämlich eine eigens dafür beiseite gestellte Bierflasche in die Hand gedrückt. Damit musste ich zu Fuß den passenden Sprit von einer Tankstelle holen, die am anderen Ende des Dorfes gelegen war. Auch wenn mein Gesicht dabei immer länger wurde, wollten Hin- und Rückweg nicht kürzer werden. Mal rechtzeitig mit der Zündapp dort vorbeizufahren, wäre einfacher gewesen. Aber Widerworte gab es nicht; sie wären eh zwecklos gewesen.
Um an "meinen" Rätzsee zu fahren, das waren rund 270 km, habe ich bei der Tante in Magdeburg übernachtet. Dann waren es des nächsten Morgen nur noch 210 km bis zum Zeltplatz. Die hätte der Tankinhalt schaffen müssen.... Zur Sicherheit habe ich aber, das sieht man auf dem Foto, einen 5 l Kanister schön eingeschlagen auf dem Gepäckträger mitgenommen. Tankstellen hatten ja auch nicht immer offen. Dazu noch der Ersatzschlauch, über meiner Lampe befestigt. Das Gefühl war während der 8 Stunden ab Magdeburg einfach beruhigender. Und meine Freundin wartete da schon sehnsüchtig.
Gruß Tannerprinz
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