Oft scheint der Blick in die Vergangenheit seltsam vernebelt zu sein – bei den einen rosarot, bei den anderen dunkelgrau. War früher alles besser? Oder haben wir die alten Zeiten zum Glück hinter uns gelassen? Eine pauschale Bewertung, wie das Leben früher war, muss zwangsläufig scheitern.
Nichtsdestotrotz hilft der Blick auf einzelne interessante Fakten aus dem Alltag unserer Großeltern, um über die Gegenwart neu nachzudenken. So manches erscheint da in anderem Licht, als wir es gewohnt sind.
Leben früher: 8 interessante Fakten zum Nachdenken
1. „Meine Oma ist ‘ne alte Umweltsau“? Von wegen!
Dass sich Jugendliche für das Thema Nachhaltigkeit interessieren, ist an sich gut. Arroganz ist jedoch fehl am Platz. Denn was Nachhaltigkeit angeht, kann die junge Generation viel von den Alten lernen! So war es früher selbstverständlich, saisonal zu essen: Das Gemüse kam frisch aus der Region oder sogar aus dem eigenen Garten. Für den Winter wurden Gurken eingelegt und Kompott gekocht. Kleidung, Möbel, Werkzeuge hat man über Generationen vererbt, Kaputtes wurde geflickt und repariert.
Als ich ein Kind war, wurde bei uns nachhaltiger gelebt, als die meisten Kinder/Jugendlichen heute. Ich hatte eine Holzeisenbahn, eine Puppenstube und Kaufmannsladen aus Holz. Dazu die Möbel für das Puppenhaus auch aus Holz und aus Pappe selbst gebastelt, beklebt mit Stoff oder bemalt. Ein Schaukelpferd aus Holz, auch der Laufstall war aus Holz. Aus Kartons wurden Häuschen oder Wohnwagen gebastelt, wir spielten damit Campingplatz. Meine Mutter nähte uns aus alter weißer Bettwäsche ein Zelt für den Garten, die Stangen wurden aus Ästen von Bäumen gebastelt usw..
Wenn ich heute sehe mit was Kinder spielen und das mit viel Spielzeug aus Plastik. Geschenke gibt es nicht nur an Weihnachten und Geburtstag, nein auch zu Ostern oder zum Nikolaustag. Ostern gab es damals hartgekochte Eier und einen Schokohasen. Zum Nikolaus gab es Nüsse, Mandarinen, Orangen und einen kleinen Schokonikolaus.
Wenn die Schuhe kaputt waren, aber noch passten gab es keine neuen, sondern Mama brachte die Schuhe zum Schuster, meist nahm sie mich mit und ich fand es immer interessant in der Schusterwerkstatt. Wurden die Hosen zu kurz, so wurde eine Bordüre unten dran genäht damit diese noch eine Weile passten, ein Loch mit Flicken zugenäht. Kartoffelbrei wurde aus richtigen Kartoffeln, Milch und ein Stück Butter selbst und frisch zubereitet und nicht aus einer Tüte mit Pulver und Verpackungsmüll. Saisonal gab es bei Mama immer zu Essen, wir hatten auch einen großen Garten mit Gemüse und Obst. Für den Winter wurde in Gläsern eingekocht.
Zur Schule und zurück ging es zu Fuß. In meinem kleinen Kinderzimmer wurde mit einem kleinen Holzofen geheizt, früh war es immer kalt. Mein eigenes Zimmer bekam ich erst mit 11 Jahren, als meine große Schwester auszog. Davor schlief ich mit meiner kleinen Schwester im Stockbett, welches im Elternschlafzimmer stand. Es wurde nicht jeden Tag geduscht oder gebadet, sondern sich mit Waschlappen und Wasser aus einer Schüssel gewaschen. Badetag war einmal die Woche und die gewaschene Wäsche wurde zum Trocknen aufgehängt, es gab keinen elektrischen Trockner und so könnte ich noch einiges weitere aufzählen........
Früher war alles anders. Besser oder nicht? Ich wohne mit meinem direkten Nachbarn seit 60 Jahren nebeneinander. Wenn da einer Brennholz vor dem Haus liegen hatte und es kam ein Gewitter, gingen alle raus und halfen, damit es trocken ins Haus kam. Das war keine Frage. Ich hatte mal einen Schaden am Dach, half mir ein Nachbar, wir waren zusammen in der Schule. Der kam am anderen Morgen wieder, ich sagte; "du mußt doch zur Arbeit." Er sagte nur: "Es soll Regen kommen, ich habe Urlaub genommen, damit das wieder vorher dicht ist." Wenn beim Bauern eine Tiergeburt anstand half man sich Gegenseitig, der Tierarzt war nicht im Plan. Dafür hatte man kein Geld. Man war auch aufeinander angewiesen. So könnte man endlos Berichten. Die Zeit war eben anders. Wenn man beim Milchmann kein Gefäß dabei hatte konnte man die Sahne im Hut mitnehmen, Milch schöpfte man aus der Kanne. Salz gab es in der Spitztüte, abgefüllt auf der Waage. Einen klacks Senf holte man sich auf einem Stück Papier um 5 Pfennige bei der Tante Emma zu Vesper, wenn es denn mal Wurst gab für den Vater. Wir Kinder bekamen ein Scheibchen Schiebewurst, die konnte man auf dem leeren Brot immer vor dem Abbeißen nach hinten schieben. Vater mußte ja arbeiten. Hat sich dann aber nach dem Krieg schnell verändert und wurde besser. Was wir als Kinder 1944-45 gemacht haben lassen wir mal außen vor, aber wir waren immer eine Kicke außer Haus im Wald und auf der Flur. Unsere Eltern wußten selten wo wir waren, eben irgendwo auf der Gass. Sind die allermeisten jetzt auf Gottes Acker, aber es war eine tolle Zeit. Habe den Jahrgang bis wir 85 waren zusammengehalten. Jetzt sind es weniger als 10 Personen die sich noch jeden Monat treffen. Ein wunderbares Leben!
Wenn ich euere Beiträge und Erinnerungen lese, dann sehe ich fast bildlich vor mir, dass es bei mir damals ähnlich war. Der Tante Emmaladen war nur ca 30 Meter entfernt von unserer Wohnung. Viele Lebensmittel wie Zucker, Salz usw. gab es dort noch lose und sie wurden wie von Dirk beschrieben in Tüten abgefüllt. Der Besitzer wohnte auch dort und man konnte nach Ladenschluss bei ihm auch mal klingeln und das kaufen was man vergessen hatte. Wer nicht genug Geld dabei hatte, konnte auch mal " anschreiben " lassen, das heißt auf Pump kaufen und später bezahlen.
Auf dem Hof gab es eine Teppichstange wo die Teppiche ausgeklopft wurden. Im Winter wurden sie zur Reinigung in den Schnee gelegt. Die Wäsche wurde bei schönem Wetter zum Trocknen auf eine Wäscheleine gehängt. Dafür waren extra Wäschepfosten auf dem Hof installiert worden, an denen die Leinen befestigt wurden. Damit die Leinen, bedingt durch die schwere, nasse Wäsche nicht so tief durchhingen, wurden unter die Leinen lange, hölzerne Stützen gestellt.
Wenn meine Großmutter Kartoffelpuffer backte, haben alle Kinder unseres sechs Parteien Mietshauses mitgegessen und Oma konnte gar nicht so schnell liefern, wie wir hungrigen Kinder gegessen haben. Auf dem 30 minütigem Schulweg haben wir uns manchmal " Dauerlutscher " gekauft. Kosteten damals pro Stck wohl 2 Pfennige. Besonders gefreut haben wir uns immer, wenn wir von englischen Soldaten mal eine Tafel Schokolade geschenkt bekamen. Es gab damals in der Nachkriegszeit zwar noch nicht viel, aber ich erinnere mich gerne an diese Zeit.