Deutsche Städte sind für Autos und nicht für Menschen gemacht. Das muss aber nicht so sein. Zweieinhalb Jahre habe ich in Singapur gelebt. Der südostasiatische Inselstaat ist mir in dieser Zeit ans Herz gewachsen – nicht zuletzt wegen seiner visionären Verkehrspolitik.
Mittwoch morgen, U6 Richtung Garching-Forschungszentrum in München. Es ist 8.30 Uhr – Rush Hour in der Innenstadt. Die Menschen schieben sich am Bahnsteig am Odeonsplatz entlang, dicht an dicht, teils kopfschüttelnd. Einige Studierende suchen auf ihren Smartphones hektisch nach Alternativrouten, andere warten mit stoischem Blick auf die nächste U-Bahn. Sie scheinen „Weichenstörung“, „Zugausfall“ oder „Arbeiten am Gleis“ nur allzu gut zu kennen – Verkehrsstörungen, die in München keine Seltenheit sind, und die auch mich unzählige Nerven kosten.
Vor fünf Jahren habe ich die bayerische Landeshauptstadt verlassen. Nach einem Zwischenstopp in Berlin ging es für zweieinhalb Jahre nach Singapur: die Stadt der Zukunft, wenn es um Digitalisierung und vor allem Mobilität geht.
Würde man den Menschen dort von der Münchner Dauer-Baustelle Sendlinger Tor oder den Endlos-Staus in Berlin-Mitte berichten, bekäme man ein freundliches wie mitleidiges Lächeln. Denn im südostasiatischen Stadtstaat, der ähnlich groß ist wie Hamburg, funktioniert insbesondere die MRT (Mass Rapid Transit) tadellos: das fast über die gesamte Insel vernetzte U-Bahn-System. Das hängt auch damit zusammen, dass die Züge autonom fahren und koordiniert werden.