Der Schneider und der Schatz Ein Schneider, der gern in Samt und Seide prangte, den Jungfrauen schöntat und am liebsten war, wo es recht toll und lustig herging, war einmal zu einem Taufschmaus über Feld gegangen. Als er nun um Mitternacht sich auf den Heimweg machte, da merkte er, dass er diesmal zu tief ins Glas geguckt hatte, und geriet alsbald weit von der Straße ab. Nicht lange, so sah er rechts und links nur Baum an Baum, hinter sich nichts als Dornen und Moorland, und vor sich eine senkrechte Felswand mit einer Spalte, gerade weit genug, um einen Menschen durchzulassen. »Halt!« dachte der Schneider, »hier kommst du ohne ein Abenteuer nicht weg. Also frisch drauf los!« Und weil ihm der Taufwein einen überschüssigen Mut gegeben hatte, so trat er beherzt in die Höhle, tappte darin herum und suchte eine Stelle, wo er sein Haupt hinlegen und die Nacht verbringen konnte. Aber kaum war er ordentlich drinnen, so huschte ein Hund unter seinen Füßen auf, und der Schneider fiel, so lang er war, gegen eine eiserne Türe, die plötzlich aufsprang. Hui, war das aber eine Pracht! Was der Schneider jetzt vor sich sah, hatte ihn auf einmal nüchtern gemacht; er stand und guckte mit offenem Maul in ein hellerleuchtetes Gemach; keine Kerze, keine Lampe, nein, dass lautere Gold und Silber der Wände und unzählige eingelegte Edelsteine wandelten die Finsternis in sonnenhellen Tag um. An den Wänden standen kostbare Schreine mit Prunkgeschirr und mitten im Saal stand eine offene Kiste voll funkelnder Goldmünzen. F. B.