Vom Porzellan (gern auch "weißes Gold" genannt) und von der Steinkohle, die als "schwarzes Gold" bezeichnet wird, hat hier schon einiges gestanden. Heute möchte ich etwas über "blaues Gold" erzählen.
Überall gibt es sesshafte Menschen und solche, die aus verschiedenen Gründen die heimatlichen Gefilde verlassen. Manche nur sehr ungern, werden aber aufgrund fehlender Arbeitsmöglichkeiten dazu getrieben. Max und Lenchen gehörten auch zu den Leidtragenden, deren Einkünfte in der Porzellanmanufaktur nicht mehr ausreichend waren. Weil viele Kollegen bereits die Papiere nehmen mussten, war an den Fingern abzuzählen, wie bald dieses schwere Los beide treffen würde. Darauf konnten und wollten sie nicht warten, packten ihre Habseligkeiten und machten sich auf den Weg. Sie tippelten immer entlang der Schwarza und konnten sich mit Tagelöhnerarbeiten gerade so von einem Tag zum anderen hangeln.
Nachts träumten sie oft von der schönen Zeit, in der das weiße Gold für gutes Auskommen sorgte. Wen verwundert es, dass sie ein paar Orte weiter aufhorchten, als sie immer öfter vom blauen Gold hörten. „Was mag das wohl sein?“ fragte Lenchen ihren Max. „Weiß ich nicht, werde aber den Wirt fragen.“ Dieser dachte gar nicht daran, davon zu erzählen und schickte Max zum Keller-Aufräumen. Dort arbeitete bereits der Schankbursche, der auf die Fragen nur zu gern antwortete. Er erzählte, dass mit „blaues Gold“ bestimmt der Schiefer gemeint ist, der dort abgebaut wird, wo seine Großeltern lebten. Deshalb wusste er auch sonst noch allerhand davon zu berichten. Am besten aber war, dass es bis zum Abbaugebiet nur noch etwa 20 km weit sein sollte.
Max lief schnell nach oben und rief nach Lene. Beide griffen nach den kleinen Bündeln und verschwanden auf Nimmerwiedersehen in Richtung Lehesten. Unterwegs staunte Lenchen über das, was Max erzählte. Angeblich war der Schiefer älter als die Dinosaurier und sollte bereits vor rund 350 Millionen aus feinen Ablagerungen im Meer entstanden sein! Durch Gebirgsfaltungen kam der Stein dann an die Oberfläche! Beiden waren während Wanderschaft schon die vielen mit Birken bewachsenen Schutthalden aufgefallen. Diese konnten entstehen, weil bei Abbau und Verarbeitung des Schiefers zirka 90 Prozent als Abfall übrig bleiben. So waren Max und Lenchen sehr gespannt auf alles, was sie beim Ankommen in den Schieferbrüchen erwarten würde. Dort präsentierte sich ihnen ein riesiger Krater, der über Jahrhunderte hinweg aufgrund an mehreren Stellen durchgeführter Schürfarbeiten entstanden war. Manchmal hatten sich sogar kleine Teiche gebildet, die voller Leben waren.
Noch während sie am Rand standen und überlegten, wie es weitergehen soll, kam ein wild gestikulierender Mann angelaufen. Der wollte sie vor den Gefahren warnen, weil man auf dem glitschigen Boden leicht ins Rutschen kommen konnte. „Wir sind vorsichtig“ sagten beide wie aus einem Mund und direkt hinterher kam etwas leiser: „Wissen sie, wo wir wegen Arbeit fragen können?“.
Lachend antwortete der Mann: „Da seid ihr bei mir goldrichtig! Wir suchen händeringend gute Leute“ und sagte, dass sie ihm hinterher laufen sollten. Nach einer kurzen Wegstrecke erreichten sie in die historische Göpelschachtanlage mit Spalt- und Zuschneidegeräten. An den Wänden hingen Schilder auf denen noch viel stand, was ihnen bisher unbekannt war. Denn Max und Lenchen wussten weder vom 13. Jahrhundert noch was ein Exportschlager war, der angeblich sogar beim Bau der Wiener Kaiserburg Verwendung fand! Dass dieses blaue Gold als wetterbeständiges Material die meisten Bauwerke der Region schützt und damit den Städten und Dörfern ihr typisches Aussehen gibt, hatten sie ja unterwegs sehen können.