In den vergangenen Tagen wurde viel über das britische Parlament diskutiert. Interessant sind folgende Fakten: 1. Es gibt das Unterhaus und das Oberhaus 2. In das Unterhaus (House of Commons) werden 625 Abgeordnete im Direktverfahren von den Bezirken gewählt. Also ist der im Bezirk der Gewinner, welcher die meisten Stimmen erhält, die restlichen Stimmen sind damit wertlos geworden. Daher halten die Abgeordneten laufend Kontakt zur Bevölkerung im Bezirk und können von der jeweiligen Partei nur bedingt „gebändigt“ werden. Aber die "wips" (Einpeitscher) versuchen immer, die Abgeordneten auf Parteilinie zu bringen. 3. Im Unterhaus gibt es aber nur 427 Sitzplätze, also müssen bei Abstimmungen viele auf den Treppen sitzen oder stehen. 4. Das Unterhaus kann nur tagen, wenn vorher der Zeremonienstab „The Mace“ im Saal platziert wurde. Sollte jemand – aus Frust – den Stab hinaustragen, ist die Sitzung automatisch unterbrochen. 5. Der Parlamentsvorsitzende, Speaker genannt sitzt in der Mitte der Schmalseite, die rechten Reihen werden von den Abgeordneten der Regierung benützt und genau gegenüber die Schattenregierung sowie deren Abgeordneten der Opposition. 6. Jede Wortmeldung beginnt mit den Satz „Mister Speaker“ und sämtliche im Vortrag genannten Personen werden nur in der dritten Person angesprochen. 7. Die beiden links und rechts befindlichen Bankreihen werden durch zwei rote Linien im Abstand von zwei Degenlängen begrenzt. Während der Sitzung ist es untersagt, diese Fläche dazwischen zu betreten. Damit wollte man früher Handgreiflichkeiten mit Verletzungen vermeiden. 8. Rededuelle, Tumulte und unfaire Aussagen bzw. Zwischenrufe werden vom Speaker mit den Worten „Order“ geregelt. 9. Zustimmungen von Abgeordneten werden mit dem Wort „Yeah, yeah, yeah“ (= hear = höre) ausgedrückt, während Ablehnung durch Buhrufe oder Zwischenrufe artikuliert werden. 10. Wenn es zu Abstimmungen kommt, dann prüft der Speaker, ob gegebenenfalls eine namentlich Abstimmung Klarheit schafft. Dies geschieht durch das Durchschreiten der beiden Seitentüren zu den anschließenden Gängen, wo namentliche Eintragungen erfolgen. Die – vom Speaker aus betrachtet – linke Tür bzw. der folgende Gang ist mit „Aye“ bezeichnet, wo also die Befürworter sich in eine Liste eintragen müssen. Auf der anderen Seite gibt es die „No“-Türe, wo die Ablehnenden des Antrages durchschreiten. Je zwei Abgeordnete überwachen die Eintragungen und geben dann als Teller dem Speaker die Anzahl der Eintragungen bekannt. Eigentlich herrscht bei Abstimmungen der sog. Fraktionszwang, welcher aber bei der Brexit-Abstimmung aufgehoben wurde. 11. Die Mitglieder der Monarchenfamilie dürfen das Unterhaus nicht betreten, daher findet die Parlamentsrede der Königin (immer vom jeweiligen Premierminister vorgegeben) im Oberhaus (House of Lords) statt. 12. Das Oberhaus hat derzeit 810 Mitglieder, wobei der Großteil aus Adeligen besteht, welche auf Lebenszeit darin vertreten sind. Im Laufe der Geschichte hat das Oberhaus drastisch an Bedeutung verloren und es gibt schon ernste Bemühungen, es komplett abzuschaffen bzw. zu eine richtigen zweiten Kammer zu verändern. Derzeit kann zwar das Oberhaus manche im Unterhaus beschlossene Gesetze um zwölf Monate hinausschieben aber ist in ihrem Handeln schon sehr eingeschränkt. Wenn es oft TV-Übertragungen gibt, dann sehen die Bänke teilweise gähnend leer aus bzw. die dort anwesenden sehr greisen Lords (weiblich und männlich) gönnen sich manchmal auch ein Nickerchen.