Der alte Tisch (C)Friedrich Buchmann Weihnachtsmorgen, der alte Schäfer stand vor seinem Haus und schaute in die Umgebung. Die Sonne ging am Horizont auf und die ersten Strahlen brachten den Schnee auf den Zweigen der Bäume zum Leuchten. Wie kleine regenbogenfarbige Sterne leuchtete der Schnee. Am blauen Himmel zogen weiße Schäfchenwolken auf. Es sah so aus, als wollten sie den blauen Himmel, wie eine grüne Wiese, abgrasen. Was hat mir nur der Weihnachtsmann für ein schönes Bild als Weihnachtsgeschenk gemacht, wunderte der Schäfer. Die Morgenröte spiegelte sich in den Eiszapfen, die am Hause hingen. Die Landschaft sah aus, als ob sie gemalt war. Hinten am Waldrand tappten zwei Rehe durch den hohen Schnee und eine Meise setzte sich auf den Baum, der vor dem Haus des Schäfers stand. Wunderschöne Natur, dacht der Schäfer, und da ging die Haustüre des Schäferhauses auf und des Schäfers Frau rief: „Komm endlich rein, du erkältest dich noch, dann habe ich zu Weihnachten einen kranken Mann“. Doch der Schäfer antwortet: „Schau dir die wunderschöne Natur an, hat uns der Weihnachtsmann nicht ein schönes Geschenk gemacht“? Die Frau schaute in die Runde und sagte: „Ein schönes herrliches Winterpanorama, doch mir ist kalt, lass uns reingehen“. Der Schäfer rief seinen Hund „PassAuf“ und sie gingen in das Haus. Das Haus ist sehr klein. Es bestand nur aus zwei Zimmern. Der Schäfer war kein reicher Mann, ein armer Schäfer. Schwer hatte er in seinem Leben für den Gutsbesitzer gearbeitet müssen. Doch jetzt bekam er keinen Silberling von ihm und so mussten der Schäfer und seine Frau oft hungern. Zurzeit ging es dem Schäfer ganz schlecht. Er und seine Frau hatten kein Geld und ihre Vorräte gingen zu Ende. Und das zur Weihnachtszeit. Der Schäfer war sehr ärmlich eingerichtet. In dem einen Zimmer standen zwei Betten. In dem anderem Zimmer ein Schrank, in der Ecke ein alter Tisch, in der Mitte des Raumes ein anderer Tisch mit zwei Stühlen und neben den alten Ofen war noch ein Körbchen, in dem „PassAuf“ sein Lager hatte. Das Körbchen hatte der Schäfer aus Weidenholz selber geflochten. Neben dem Schrank stand ein kleiner Weihnachtsbaum, den hatte der Schäfer aus dem Wald geholt. Den Weihnachtsbaum hatte die Frau mit bunten Bädchen geschmückt. Für Weihnachtskugeln hatten sie kein Geld. Es war kalt im Zimmer und der Schäfer holt Holz aus dem Stall, um Feuer zu machen. Holz hatte er im Sommer reichlich im Wald gesammelt und so mussten der Schäfer und seine Frau im Winter nicht frieren. Aber das war schon der einzige Luxus, den er und seine Frau hatten. Im Ofen brannte das Feuer lichterloh und die alten Schäfersleute frühstückten an diesem schönen Weihnachtsmorgen. Zum Frühstück gab es nur ein Stück Brot. Das hatte die Frau des Schäfers gestern, von dem letzten Mehl, gebacken. Dazu tranken beide ein Tasse Muckefuck. Der Schäfer trank gerade den letzten Schluck, als es plötzlich an die Haustüre klopfte. Es war ein kleiner Junge, er hatte sich verlaufen bzw. verfahren. Franz, so hieß der kleine Junge, hatte der Weihnachtsmann gestern Skier gebracht und die wurden heute Morgen ausprobiert. Dabei hat er nicht auf den Weg geachtet. Nun stand er frierend vor dem Haus des Schäfers und weinte. Er fand den Weg nicht mehr nach Haus. Der Schäfer schnallte den Jungen die Skier ab und nahm ihn mit in sein Haus. Hier zog er den Jungen die nassen Sachen aus und setzte ihn neben den Ofen, damit er sich wärmen konnte. Dann sagte er zu seiner Frau. „Hole aus dem Schrank das alte Märchenbuch und ließ den Jungen daraus vor, ich freue mich, dass wir am Weihnachtsmorgen einen so schönen Gast haben. Da werde ich an alte Zeiten und unseren Sohn erinnert. Die Frau des Schäfers gab Franz noch eine Tasse heißen Muckefuck und dann las sie aus dem dicken alten Märchenbuch. Der Schäfer mittlerweile zog sein dicken Schäfermantel und Stiefel an und sagte: „Ich gehe in das Nachbardorf und hole für den Jungen Hilfe“. Franz fand es in der Stube des Schäfers gemütlich und warm war ihm auch schon geworden. Sein Blick fiel auf den Hund „PassAuf“, der mit gespitzten Ohren in seinen Körbchen, das Vorlesen der Schäfers Frau verfolgte, als ob er die Märchen verstand. Für die Frau des Schäfers war es fast wie früher. Unterdessen kam der Schäfer ins Dorf. Hier wurde der kleine Junge, Franz, schon von seinem Vater gesucht. Der Vater war froh, dass der Schäfer ihn bei sich aufgenommen hat und Franz nichts passiert war. Dann machten sie sich beide auf den Weg zum Schäferhaus. Des Schäfers Frau las gerade das Märchen „Knüppel aus dem Sack“, als der Vater mit dem Schäfer ins Haus trat. Die Freude war groß, als der Vater, Franz, wieder in seine Arme nehmen konnte. Es war um die Mittagszeit und der Vater wollte schnell nach Haus, weil seine Frau Gänsegraten, Rotkohl und Klöße gekocht hatte. Darauf freute er sich schon das ganze Jahr. Dazu lud er den Schäfer und seine Frau ein, als Dankeschön, das sie seinen Sohn Franz aufgenommen haben. Doch Franz wollte gerne noch das Märchen zu Ende hören. Darum setzte er sich wieder hin und des Schäfers Frau las weiter vor. Als sie an der Stelle war „Tischlein deck dich“, hörte man im Raum ein plötzliches Klappern. Da stand nun der alte Tisch in der Ecke, er war wunderschön gedeckt und es waren herrliche Köstlichkeiten auf dem Tisch. Der Schäfer und alle anderen im Raum bekamen vor Staunen den Mund gar nicht wieder zu. In der Ecke stand der Tisch, den sie alle aus dem Märchen kannten. Sagt man: „Tischlein deck dich“, so war er mit guten Sachen gedeckt. Der Schäfer verstand die Welt nicht mehr. Der alte Tisch war das „Tischlein deck dich“ und das hatte keiner gewusst. Die Freude war bei allen groß. Nun setzten sie sich alle an den Tisch und aßen die wunderschönen Sachen. An den Gänsebraten dachte keiner mehr. Es war für den Schäfer und dessen Frau, das reinste Schlaraffenland. Den alten Tisch hatte er von dem Gutbesitzer. Dieser wollte ihn kaputt sägen. Doch der Schäfer fragte den Gutbesitzer, ob er den Tisch für seine Kinder haben kann. Er willigte ein und so nahm der Schäfer den Tisch mit in sein Haus. An dem alten Tisch aßen seine Kinder immer. Wenn der Gutbesitzer wüsste, dass der alte Tisch, das „Tischlein deck dich“ gewesen ist, dann hätte er es nicht hergegeben. Fortan brauchten der Schäfer und seine Frau nicht mehr zu hungern. Der Hund „PassAuf“ bewachte den Tisch, so dass kein Räuber ihn klauen konnte. Der Schäfer und seine Frau lebten glücklich bis ihr Lebensende. Franz aber besuchte einmal in der Woche den Schäfer und seine Frau, die ihn dann immer Märchen aus dem dicken Märchenbuch vorlas. Zum Ende seines Besuches wurde das Märchen „Tischlein deck dich“ vorgelesen und jedes Mal deckte sich das alte kleine Tischchen und es wurden die schönsten Sachen gegessen.