Die Spuren der deutsch-deutschen Teilung sind in Potsdam fast komplett verschwunden. Nun erinnern acht Stelen zwischen Villa Schöningen und Villa Gutmann am Ufer des Jungfernsees an das Sperrgebiet der DDR-Staatsgrenze zu West-Berlin.
Nauener Vorstadt
Vögel zwitschern, Hunde bellen, eine Kettensäge lärmt weit hinten im Villenviertel. Draußen auf dem Jungfernsee zieht ein weißes Ausflugsschiff vorbei. Florentine Schmidtmann steht in der Sonne und sagt: „Nein, ein Wachturm war das nicht.“
Dabei zeigt die Historikerin auf einen der Zielpunkte des von ihr recherchierten Informationspfades „Achtung Grenze –Das Sperrgebiet der DDR in Potsdam 1961-1989“, der am Mittwoch eröffnet wird. Der weiß getünchte Bau ist eine schroffe Landmarke in der idyllischen Umgebung. Errichtet 1976, wurde von dort die Seilwinde ausgelöst, mit der die Bertini-Enge für die Schifffahrt blockiert werden konnte.
Bild entfernt (keine Rechte) Blick aus Sacrower Richtung über die Bertin-Enge mit der Ponton-Sperre. Quelle: BStU
Quer über den See war damals mit starken Trossen eine Sperre aus Pontons vertäut, die zu beiden Ufern hin schmale Durchfahrten ließ. Drückte die Besatzung des Postenturms auf den Knopf, schnellte draußen im Wasser rasselnd und schäumend ein Netz aus Stahl in die Höhe.
1964 wurde an der Bertini-Enge ein Grenzübergang für die Transit-Schifffahrt eingerichtet, die West-Berlin über Elbe und Havel mit Treibstoff und Frachtgut versorgte.
Heute erinnern daran nur noch der denkmalgeschützte Postenturm, eine zur Stromversorgung errichtete Dieselhalle gleich daneben, drei Lichtmasten an der einstigen Schiffsanlegestelle und der Kanal im Boden, in dem das Stahlseil ruhte, mit dem das Netz im See gesenkt und angehoben wurde.
Bild entfernt (keine Rechte) Blick von der Bertinistraße zur Pontonsperre um 1985. Quelle: Potsdam-Museum
Erklärt wird die „Pass- und Zollkontrolle an der Bertini-Enge“ auf einer von insgesamt acht Informationsstelen, die ab Montag am Ufer des Jungfernsees eingesetzt werden – beginnend bei der Villa Schöningen gleich vorn an der Glienicker Brücke bis hin zur Schiffsanlegestelle unterhalb der Gutmann-Villa.
Das Ufer zwischen Glienicker Brücke und Schloss Cecilienhof im Neuen Garten zählt zu den beliebtesten Ausflugszielen der Landeshauptstadt. Dass der Abschnitt vor 30 Jahren als Teil der DDR-Staatsgrenze zu West-Berlin mit einer Mauer und einem bei Nacht taghell erleuchteten Todesstreifen blockiert war, lässt sich nicht einmal mehr erahnen.
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Vor gut fünf Jahren schlugen Anrainer und Historiker Alarm, weil mit den Hinterlassenschaften der Grenzübergangsstelle Jungfernsee auch die letzten Spuren aus der Landschaft zu verschwinden drohten. Nach dem Abriss eines Mannschaftsgebäudes schien als nächstes die Dieselhalle in Gefahr.
Der eigens gegründete Verein Erinnerungsorte Potsdam und das Zentrum für Zeithistorische Forschungen (ZZF) entwickelten schließlich das Konzept für einen Erinnerungspfad, an dem auf Stelen über den Aufbau der Sperranlagen und den Alltag im Grenzgebiet informiert wird.
Mit den Recherchen beauftragt wurde Florentine Schmidtmann (32), die zur deutsch-deutschen Geschichte eine besondere Beziehung hat. Geboren in Göttingen, aufgewachsen ein Nürnberg, studierte sie in Frankfurt (Oder) und im polnischen Krakau Kulturwissenschaften sowie Geschichte an der Freien Universität Berlin.
Bild entfernt (keine Rechte) Neuer Garten, Richtung Glienicker Brücke, Blick über den Hasengraben, um 1985. Quelle: Potsdam-Museum